0126 – PESSIMISMUS UND ERFAHRUNG 12

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der minengürtel reicht nun bis vor die küste nordvietnams: das bedeutet blockade, lese ich, schreibst du.
bis donnerstag 18 uhr haben die nachschubschiffe zeit, die gewässer zu verlangen; ab diesem zeitpunkt erfolgt jede fahrt auf eigenes risiko.
die puppe lehnt mit geöffnetem schädel in einer ecke aus wand & strohkoffern.
jeder hat ein recht, seine interessen zu verteidigen & bei der verteidigung dieser interessen respektiert zu werden.
es gibt immer eine zweite tür.
allerdings sind oft solche türen nur hintertüren, & man weiß nicht, ob während das hinausgehens nicht jemand anderer hereinkommt & einem das gesicht vermasselt.
ich gehe wie jeder ein risiko ein, wenn ich hier sitzenbleibe in meiner privatatmosphäre, die sich allerdings ausweitet, deren ausweitung sich niemand entziehen kann; wie groß aber ist, läßt sich erst dann ermessen, wann die ersten verbindlichen reaktionen aus den metropolen vorlegen werden.
ich betrachte die puppe mit wohlgefallen, ich bin ein schreibtischattentäter, dessen wirklichkeit die literatur bestimmt.
meine frau ist jetzt wieder einmal weg, wäschewaschen, wenn das nicht auch wieder ein vorwand ist.
warum soll sie auch nicht ständig neue vorwände hervorholen, jetzt, wo sie doch gar nicht mehr so arm ist, wo sie den intellekt, die bücher, die sie früher so unglücklich machten, entdeckt hat, & zwar unter solchen umständen, daß es mich, den bücherliebhaber, verärgert?
sie hat nie einen angriff auf mein GEHEIMNIS, wie sie es nennt, gestartet.
die einkreisungsmanöver um mein GEHEIMNIS sind faktisch zu ende.
zur diskussion steht natürlich, wie schon so oft, die TRENNUNG, was bedeutet, daß das GEHEIMNIS keine bedeutung mehr hat.
die zeitbomben ticken.
morgen punkt 18 uhr wird alles scharf usw. usf.

(15.-30.5.1972)

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